Dienstag, 15. Mai 2012

High Quality Content by Wikipedia Articles

Unglaubliches ich habe heute im Internet recherchiert, und den Aufhänger dazu gab eine befreundete Autorin und Bloggerin, die plötzlich ein Buch betitelt mit ihrem Namen und einer Kurzbiografie von ihr auf dem Buchrücken im Internet entdeckt hatte. Verwirrt hatte sie das dann auch gleich gepostet: Hatte hier jemand heimlich eine Biografie von ihr verfasst? Was wird auf diesen 104 Seiten stehen?

Auf dem Buchdeckel findet sich dazu ein roter Hinweis:  "Aktuell & In: Hier ist Wikipedia drin!"
Ebenso in der Buchbeschreibung der Hinweis, dass der Text überwiegend aus kostenlosen Inhalten aus dem Internet besteht. Aber was heißt das nun genau? 104 Seiten ist ja wohl mehr als nur ein Wiki-Artikel!

Wer ist also der Herausgeber, dieser Loki Radoslav? Ein Suche im Internet ergibt über 300 Veröffentlichungen, aber keine Informationen zu diesem Namen; kein Bild, keine biografischen Angaben, nichts. Und was sind denn das für Bücher mit Titeln wie "Beethoven Denkmal (Bonner Münsterplatz)", "Bedeutung-Text-Modell", "Bedford College", etc. Lauter Titel die mit den Buchstaben A und B beginnen!
Und was ist das für ein Verlag: Pon Press? Die Google Suche ergibt schon wieder: Nichts! Gibts das denn? Ein Verlag will sich normalerweise nicht verstecken sondern Bücher verkaufen!
Ich durchsuche Wikipedia und finde nichts in der deutschen Version. Also durchsuche ich die englische Version in der Volltextsuche und: Volltreffer!

http://en.wikipedia.org/wiki/VDM_Publishing

Nur ganz klein fast am Ende findet sich PON PRESS mit Loki Radoslav und fast 800 Veröffentlichungen, die aber nur im Internet erhältlich sind. Pon Press stellt sich da nun also als eines von unzähligen Imprints dieser VDM-Gruppe. Die Gruppe hat ihren Sitz in Saarbrücken, die Imprints offiziell auf Mauritius.

Man vermutet also: Loki Radoslav ist wohl ein Pseudonym, oder vielleicht sogar ein Computer, der automatisch Wikipedia-Artikel zusammenstellt. 

Aber was steht denn nun also in diesen Büchern? Fast 50 Euro werden da für einen Band verlangt, auch wenn da anscheinend nur Sachen drinstehen sollen, die man auch kostenlos im Internet lesen kann.
Um reinschauen zu können, müsste man das Buch bestellen. Man vermutet, dass man es aus gutem Grund in keiner Buchhandlung mal durchblättern kann. Folgender Artikel erklärt dann endlich, was sich zwischen den Buchdeckeln nun wirklich befindet:
Es sind nichts anderes als Wikipedia-Artikel. Vermutlich nur alphabetisch geordnet. Der Titel des Buches ist der Titel von einem dieser Artikel. Wer denkt, dass das ganze Buch davon handelt, der ist den Machern auf den Leim gegangen. Denn das findet man ja oft genug: Bände mit gesammelten Gedichten oder Erzählungen, die nach einem der darin enthaltenen Texte benannt ist. Warum sollte das hier also verboten sein? Aber gemein ist es trotzdem.
Die Titel werden nämlich ganz gezielt ausgewählt, nach Themen, zu denen es bisher noch nicht viele Veröffentlichungen gibt, die aber dennoch mit einer gewissen Frequentierung gesucht werden. Wer da also verzweifelt nach Literatur zu bestimmten Themen sucht und ENDLICH ein Werk gefunden zu haben meint, das genau dazu passt, der klickt dann sicher schnell mal auf "bestellen". Und dann gibts ein "Stück" Wikipedia ausgedruckt.

Also aufgepasst, Schüler und Studenten und alle anderen, die gerne mal Bücher im Internet bestellen: Lasst euch nicht anschmieren und boykottiert diesen Schwachsinn! Der Büchermarkt wird überschwemmt mit diesem sinnlosen Zeug und offensichtlich scheint sich das ja auch zu lohnen. "Books for Africa" wollen sie damit sogar noch unterstützen. Damit die Kinder in Afrika auch ein Stück Wikipedia bekommen... Ehmm ja. Da müssen wir nun aber andere Wege finden.