Dienstag, 15. Januar 2013

Tanzende Soldaten, die Hexe und das Meer

Pazifik am Abend mit Auto und Palme

Ich muss zugeben: Was das Sight-Seeing angeht bin ich wirklich schlecht. Natürlich schaue ich mir die allerwichtigsten Sachen an (kein Paris ohne den Eifelturm), aber ansonsten habe ich nicht den Drang, endlose Listen mit Orten, Gebäuden oder Denkmälern abzulaufen und das obligatorische Foto zu machen um die Sache abhaken zu können. Stattdessen mag ich Erkundungstouren ohne am Anfang schon genau zu wissen, wo es mich hinführen wird.
Zum Glück habe ich hier genug Zeit um genau das zu tun: Einfach mal ins Blaue hinein loslaufen. Also machte ich mich spätnachmittags auf den Weg in Richtung eines der reichen Stadtviertel von Lima (ich hatte mich vorher informiert, in welchen Vierteln ich mich denn halbwegs sicher bewegen kann, ohne akute Angst vor Übergriffen haben zu müssen.). Erstmal immer schön einer Hauptstrasse nach um nicht die Orientierung zu verlieren. Und ab und an die ein oder andere Abzweigung nehmen, wenn die Straße irgendwie verheißungsvoll aussah. So kam ich dann u.a. an etlichen Stadtvillen (u.a. dem UNICEF - Büro) vorbei mit zahlreichen Wachmännern vor den Einfahrten, einem schönen kleinen Park mit knutschenden Pärchen und einem schwarzen Pudel der ausgelassen auf dem Rasen herumtollte. Als ich dann gerade anfing ans Umkehren zu denken entdeckte ich von einem Aussichtspunkt dann aber plötzlich in der Ferne unter mir: Das Meer! Da war ich nun also doch ein gutes Stück weiter gelaufen als ich gedacht hatte. Aber wenn ich nun schonmal so nah am Pazifik dran war, dann wollte ich wirklich nicht mehr umdrehen ohne einmal am Strand gewesen zu sein! Also machte ich mich an den Abstieg, der sich dann doch noch ganz schön hinzog, so dass ich dann gerade noch die letzten Sonnenstrahlen an der Küste erwischte. Aber in der Dämmerung war das Rauschen der Wellen umso beeindruckender und den langen Rückweg auch auf jeden Fall Wert!

Tags darauf ging es dann etwas geplanter in die Innenstadt. Von einem ortsansässigen Bekannten hatte ich mir zuvor ein paar Tipps geben lassen, welche Plätze ich denn besuchen sollte und wo ich den Bus finde, der einen nahegelegenen Berg erklimmt, von dem aus man eine tolle Aussicht haben soll. Also lief ich diesmal etwas zielvoller drauf los, bin aber doch etliche mal anders abgebogen, wenn ich interessante Sachen näher ansehen wollte. Nach vielen Umwegen kam ich dann aber doch am "Plaza de Armas" an auf dem just in diesem Moment eine Militärparade stattfand. Den ausgesprochen freundlichen Mann der mir sehr hartnäckig ein Tattoo aufschwatzen wollte musste ich dann also einfach mal stehen lassen um die Soldaten naeher anschauen zu können. Denn zu fröhlicher Blasmusik kam erstmal ein grüngekleideter Typ heraus, der steif und wichtig vor dem Tor stehen blieb. Von anderen Seiten des Platzes traten dann 2 hellblaue Männer mit Säbeln dazu, die im Takt die Säbel schwangen und erst den grünen und dann sich gegenseitig begrüßten. Darauf hin zog dann ein ganzes Heer dunkelblauer Musketenträger im steifen Gleichschritt auf und positionierte sich über den ganzen Platz verteilt. Die Musik verstummte und ein paar Leute klatschten. Doch wer dachte es wäre vorbei, lag weit daneben. Die Blaskapelle stimmte eine fröhliche Polka an und die Musketiere fingen an rhythmisch die Musketen zu schwingen und sich tanzend über den Platz zu bewegen: Jeder 2. einen Schritt vor. Paarweise zueinander umdrehen. Die Muskete schwingen. Wieder umdrehen. Ein Stück laufen. Alles mit militärischer Disziplin im Takt und mit aller Härte durchchoreografiert. Rhythmische Wassergymnastik ist ein Dreck dagegen.
Nach diesem Spektakel ging es dann im Bus auf den "Cerro San Cristobal". Ich musste mich auf einen  wackligen, ausklappbaren Sitz in der Busmitte setzen und hatte während der gesamten Steigung (wenn das mal keine 30 Grad oder mehr waren!) Angst, dass der Sitz jetzt gleich nachgibt und ich auf die Leute hinter mir falle. Neben mir saß eine Frau mit einem Kind, anscheinend aus Costa Rica stammend. Kaum das ich eingestiegen war begann er heftig über die Haare auf meinen Armen zu diskutieren. (Mira! Está rubio hasta los abrazos!) Und während der ganzen Fahrt beugte er sich dann ständig rüber um meinen Arm zu streicheln, was er auch nicht einstellen wollte als ich ihm mitgeteilt habe, dass mich das stört. (Cómo es que habla español???) Die Frau (möglicherweise seine Tante), schien das alles überhaupt nicht zu interessieren...
Vom Gipfel aus hatte man dann aber tatsächlich auch eine herrliche Aussicht. Und was anderes gab es zudem auch noch zu sehen: Ein magisches Ritual!
spirituelles Ritual mit gelbem Zeug am Ende
Ich hatte schon von der Zauberei hier gehört, und dass man da u.a. mit Bier angespuckt werden kann. Nun habe ich also beobachten können wie die junge Frau in grün mit Blütenblaettern eingerieben, mit einer Flüssigkeit besprüht, mit einer Glocke beklingelt und zum Schluss mit einem gelben flockigen Zeug überschüttet worden ist. Auf dem Boden standen auch Bierflaschen, aber bespuckt wurde niemand. Weiter vorne schwelte ein Feuerchen, vor dem sich die ältere Frau immer wieder verbeugte. Für oder gegen was es gut sein sollte... keine Ahnung. Aber etwas unheimlich war es schon.

Aber damit endet nun auch schon fast meine erste Etappe hier in Lima! Morgen geht es erstmal in den Norden nach Pucallpa an den Rand des Dschungels (nie zuvor war ich dem Äquator näher, aber ganz ran geht es diesmal nicht). Und in der 3.Etappe geht es dann in den Süden zu den großen Touristen Attraktionen, bevor ich die letzten Tage dann wieder in Lima verbringen werden.