Freitag, 21. September 2018

Sepp, Geraldine und der Wahlkampf


Wahlkampfplakate wo man hinschaut. 


Auf dem Weg zum Supermarkt schaut mir z.B. der Sepp entgegen und hätte gerne meine Stimmen. Und ganz ohne Wertung schaut der Sepp genau so aus, wie er heißt.
Neben seinem Namen lese ich dann aber in orangenen Buchstaben "Geraldine". Da bleibe ich mal kurz stehen, und versuche aus diesen Informationen schlau zu werden. Satire-Partei ist es keine. Weitere Hinweise auf ein wildes Doppelleben als Drag-Queen oder mehr oder weniger gelungene Geschlechtsumwandlungen finde ich auch keine. Ich bin komplett verwirrt.

Doch dann fällt mir endlich auf, dass ich mich verlesen habe: "geradlinig" steht da nämlich. 
Ja, so ergibt das wieder Sinn und ich kann weitergehen, zugegebenermaßen etwas enttäuscht.


Ich werde dann bald meine Briefwahlunterlagen beantragen und mich endgültig entscheiden müssen.
Die letzten Bayern-Umfragen haben mich da sogar etwas optimistischer gestimmt, da schwarz-blau nur noch eine ganz knappe Mehrheit hatte. Das war Anfang des Jahres meine schlimmste Befürchtung, dass die am Ende noch koalieren könnten. Aber nach den gegenseitigen Hass-Bekundungen der letzten Monate ist das wohl sehr unwahrscheinlich geworden. Zudem bin ich mir sicher, dass die Blauen das rigoros ablehnen werden, da sie dann ja nicht mehr einfach nur dagegen sein könnten und durch Taten alle nächsten Wahlen gefährden würden.

Was ist also das Ergebnis des Rechtsrucks der CSU und den Zugewinnen der Rechtsradikalen? Die nächste Regierung wird voraussichtlich linker werden, als jemals zuvor in Bayern! 
Da FDP und Linke beide um die 5% herumkrebsen, ist es jetzt kaum sinnvoll, über mögliche Koalitionen zu spekulieren.
Da das Wahlrecht in Bayern etwas anders ist und die Erststimmen zu 50% auch in die Ermittlung der Gesamtprozente einfließen (was die kleineren Parteien benachteiligt), kann ich jedem Mitbayern nur dazu raten, Erst- und Zweitstimme nur dann aufzuteilen, wenn man auch wirklich den beiden Parteien jeweils eine halbe Stimme geben will. Denn auch der Direktkandidat ohne Chancen bei 5% holt damit 2,5% für seine Partei.


Für eine Demokratie ist es nie gut, wenn eine Partei zu lange an der Regierung ist. In Bayern hatte das ja zur Folge, dass sich neben der CSU keine andere Volkspartei etablieren konnte.
Bestes Beispiel war die Bürgermeisterwahl im Nachbarort Gmund diesen Herbst. Nach 18 Jahren ist der CSU-Bürgermeister Georg von Preysing nicht mehr angetreten. Stattdessen hat sein Sohn für das Amt kandidiert. Natürlich, wenn man schon prominenten Rest-Adel am See hat, könnte man daraus doch gleich versuchen eine neue Monarchie zu etablieren. Hat dann aber in der Stichwahl ganz knapp nicht geklappt.
Auch wenn ich politisch jetzt nicht so große Unterschiede gesehen habe, war das doch in meinen Augen die bessere Wahl, damit sich "Gefälligkeiten unter Familienfreunden" eben nicht weiter einschleifen und verfestigen.

Dass die CSU weiter als stärkste Kraft im Land regieren wird, steht auch dieses Jahr dennoch außer Frage. Aber immerhin wohl nicht mehr alleine oder mit einem rückgratlosen Mini-Partner. Ich hoffe, der oder die nächsten Koalitionspartner nutzen ihre Chance, wirklich etwas zu verändern und langfristig mal einen Stuhl neben die große Union zu stellen.


But don't just sit with folded hands and become blind



Dienstag, 11. September 2018

50 shades of racism


Man kann es einfach nicht leugnen: Deutschland hat ein Problem mit Rassismus. Vermutlich immer gehabt, nur haben sich die entsprechenden Leute nicht immer so deutlich getraut, ihre Meinung zu sagen, wie jetzt wieder.

Und ich fürchte genau deswegen konnte die Stimmung zuletzt so hochkochen. Vorbehalte Vorurteile gegenüber Fremdem ist an sich noch kein Rassismus, aber kann schnell dazu werden wenn man nicht darüber spricht. Was lange vor sich hin geschwelt hat, lodert uns nun entgegen und jeder tote Deutsche mit Asylbewerbern als Tatverdächtigen scheint nun zum nächsten Anlaufpunkt rassistischer Kräfte werden zu können.

Ich würde es ja gerne ändern, aber: Menschen bringen Menschen um. Schon immer. Wir Menschen sind also insgesamt eine sehr gewalttätige Spezie gegenüber allem anderen, was da auf der Erde neben und leben will.
Mehr Menschen, mehr Gewalt. Und ja, wir sind nun mal über die letzten Jahre mehr gewordenin Deutschland.

Weiter müssen wir uns den Tatsachen stellen: Männer sind gewalttätiger als Frauen. Männer vergewaltigen Frauen. Mehr Männer, mehr Gewalt. Viele Asylsuchende sind Männer. Junge Männer, die erstmals ohne Aufsicht sind und freien Zugang zu Alkohol haben. Dazu viel zu viel Zeit.
Also ja, es gibt Asylsuchende, die hier her kommen, und dann Straftaten begehen. Menschen kommen ums Leben. Und ja, diese Menschen würden vermutlich noch Leben, wenn man diese Ausländer an den Grenzen abgewiesen hätte.
Und dafür wären viel mehr Menschen an den Grenzen gestorben. Menschen rufen auf der Straße "Absaufen! Absaufen!" - Hauptsache "die anderen" kommen nicht zu uns. Lieber 100 andere als "einer von uns". Lieber einer von denen, als einer von uns.

Das ist Rassismus.
Ich sehe es in veränderten Gesichtern, wenn ich von meiner Arbeit erzähle. Wie letztens am See im Gespräch mit pensionierten Nachbarn, ein Haus am Tegernsee, ein anderes auf Amrum. Andere Immobilien vermietet. Sie wohnen, wo es ihnen gerade besser gefällt. Und sie finden es furchtbar, dass man jetzt so viel Geld für Deutschkurse ausgibt, aber niemand den armen Rentnern hilft.
Aber ich sehe es auch in meinen Kursen, denn nicht nur Deutschland hat ein Problem mit Rassismus. Nach meinen Erfahrungen, vermute ich, dass auch Afghanistan auf diesem Gebiet mithalten kann: Schwarze sind dreckig, putzen nicht und am besten redet man nicht mit denen. Großes Drama, wenn ein paar Tassen in der Küche herumstehen und die in die Spülmaschine geräumt werden sollen. Ich fass diese Tasse nicht an, wenn da vielleicht ein SCHWARZER daraus getrunken hat.

Vereinzelt immer wieder solche Aussagen, aber immer wieder von Afghanen.
Oder sollten wir uns einfach freuen, wie gut die schon integriert sind?

Ich bin aber auch schon als Rassist beschimpft worden, z.B. weil ich einem Schüler aus Somalia eine schlechte Note gegeben habe (zu meiner Verteidigung: Er hatte nur die Hälfte der Klausur überhaupt bearbeitet). Aber sowas geht dann trotzdem schnell mal bis zur Schulleitung, bevor es sich in Rauch auflöst.

Am Ende von manchen Tagen versuche ich da dann auch einfach mal alle Menschen gleich zu hassen. Aber es gelingt mir nicht. Zum Glück.


Differnt people, they walk different roads
Some of them will hurt you, but some of them won't
...
Are there any survivors, or am I here alone?