Freitag, 18. Mai 2018

3,5 Jahre Integrationsarbeit - ein Zwischenfazit


Seit September 2014 habe ich nun in unterschiedlichen Projekten überwiegend mit Flüchtlingen zu tun. Von jungen Männern bis hin zu älteren Frauen war alles schon dabei, insgesamt waren es bisher rund 300 Migranten aus Afrika, dem vorderen Orient und Asien.
Während die Einwanderungsgegner ja wöchentlich den Untergang des Abendlandes anprangern will ich daher lieber mal berichten, wie es hier ganz konkret aussieht.

Mittlerweile treffe ich immer wieder ehemalige Schüler von mir bei der Arbeit. Wenn ich in einem Supermarkt einkaufen gehen will müsste ich mittlerweile ein gutes Stück fahren, wenn ich dort niemanden von meinen ehemaligen Schülern treffen wollen würden. Der Einzelhandel ist generell recht gut abgedeckt und die "Verkäufer/in gesucht (Vollzeit / Teilzeit)" - Plakate sind deutlich weniger geworden. Einige haben bereits die 2jährige Ausbildung im Einzelhandel erfolgreich abgeschlossen, manche wagen sich nun sogar an das dritte Ausbildungsjahr heran.
Auch im Krankenhaus würde ich auf einige Ehemalige von mir treffen und noch mehr in Altenheimen. Die 1jährige Ausbildung zum Pflegehelfer haben viele geschafft, viele arbeiten jetzt in ihren Berufen und manche machen gerade die 3jährige Ausbildung. In diesen Berufen arbeiten v.a. Leute, denen es ein wirkliches Anliegen ist, sich gerade um alte Leute zu kümmern, weil es in ihren Ländern unmöglich scheint, einen alten Menschen allein zu lassen. Was hier an Geduld und Freundlichkeit mitgebracht wird, kann wirklich Vorbildfunktion für uns Deutsche haben.

Ebenfalls im Gastgewerbe haben ein paar die 2jährige Ausbildung abgeschlossen, aber die meisten arbeiten dort als Hilfskräfte. Ähnlich sieht es in den Handwerks- und Mechaniker-Berufen aus.

Auffällig ist, dass fast alle Syrer mittlerweile einen deutschen Abschluss haben oder zielsicher darauf zusteuern. Bei den Afghanen sehe ich die Abschlussquote bei rund 60% - hier fallen etliche Analphabeten ins Gewicht, die kaum Chancen auf mehr als eine Hilfsarbeiterstelle haben. Am schwersten tun sich viele Afrikaner sowohl bei der Alphabetisierung als auch beim Überwinden der kulturellen Unterschiede. Aber dass es möglich ist, zeigen mir ein paar herausragende Beispiele.
Aber gerade die Integrationskurse, die durchschnittlich ca. 3/4 Jahr dauern, sind einfach zeitlich viel zu straff organisiert, als dass der durchschnittliche Eritreer oder Somalier da mitkommen kann. Die afrikanischen Sprachen sind oft komplett anders organisiert, manchmal gibts es eine andere Schrift  (Eritera) oder die Leute haben nie ordentlich schreiben gelernt.

Erfreulich ist aber, dass wirklich sehr viele mittlerweile Arbeit haben, auch wenn es nur Hilfsarbeiterjobs sind. Nur ganz wenige wollen tatsächlich nichts tun und "den Sozialstaat melken" , wie so gerne geschimpft wird. Wenn man sich die Familien anschaut, die hier sind, so sind vor allem die erwachsenen oder heranwachsenden Kinder beruflich auf sehr guten Wegen, was ja nun eigentlich für den Familiennachzug sprechen würde.

Aber stattdessen bleibt bei vielen die Angst vor "noch mehr" Migranten, die uns die Jobs "wegnehmen", die wir seit Jahren gar nicht haben wollen.
Unsinnig ist im Grunde auch, wenn junge Leute keine Arbeitserlaubnis bekommen, auch wenn ein Betrieb sie einstellen würde, weil es seit Jahren keinen Deutschen gibt, der dort eine Ausbildung machen möchte. Stattdessen bleibt die Stelle lieber unbesetzt und der Migrant sitzt im Flüchtlingsheim fest.

Aber die Wege des Gesetzes sind nun mal leider nicht logisch und auch nicht immer gerecht.

Von straffällig gewordenen Ehemaligen weiß ich übrigens lediglich von vieren.
Untergang und Chaos? Ich sehe da nichts am Horizont drohen. Außer wenn der nächste G20 Gipfel wieder in Deutschland stattfinden sollte.


In a world that has decided that it's going to lose its mind, be more kind my friends
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