Freitag, 22. März 2013

Warum ich schon GEZahlt habe!

Und da schon wieder jemand, der mich zu irgendwelchen Protestaktionen gegen die GEZ animieren will.
Eine Unterschriftenaktion, damit der Bundestag einsehen soll, dass die Gebühr verfassungswidrig ist? - Ach Leute! Einerseits sind die Landtage dafür zuständig, und andererseits hat der Bundestag auch nichts mit Verfassungsklagen zu tun, sondern das Bundesverfassungsgericht. Da kann man ja auch gleich zum Metzger gehen und verlangen, dass auf die Torte mehr Bio-Sahne soll.

Und drittens ist diese Steuer alles andere als neu. Nur wird sie jetzt eben anders eingetrieben, was im Vergleich zum Vorgängermodell (Leute der GEZ stehen vor der Tür und fragen nach, ob man nicht vielleicht doch einen Fernseher oder ein Radio oder einen Computer hat...) eine Verbesserung. Zumal sich jetzt diejenigen, die von der Gebühr befreit  sind (Schüler, Studenten, Arbeitslose, etc.) auch automatisch nicht mehr zahlen und keinen Antrag mehr stellen müssen. Dass diejenigen mit 2 Wohnsitzen jetzt anscheinend doppelt zahlen müssen, das sollte man hingegen noch ändern.

Nun, den meisten stinkt es jetzt eben, dass sie nicht mehr lügen können, sondern einfach zahlen müssen. Also wird jetzt plötzlich demonstriert und auf die Freiheitsrechte gepocht. Weil man ja sowieso nie ARD und ZDF schauen würde und die das Geld eh nur verschwenden für Seebühnen vor Usedom. Und das ist dann leider auch schon alles, was den Leuten zu den Öffentlich-Rechtlichen-Medien einfällt.

Statt mich nun darüber zu beklagen, dass Gelder an Till Schweiger für unterirdische Tatort-Darbietungen fließen, oder zu lamentieren dass mir  Verfilmungen von Rosamunde Pilcher Romanen sowas von gestohlen bleiben können, will ich doch lieber mal aufzählen, warum ich meine Gebühr jetzt schon seit einem Jahrzehnt zahle:

Einerseits ist da das Radio, das ich gern höre. Früher wegen der Musik, mittlerweile eher um mir zur vollen Stunde einen kurzen Nachrichtenüberblick zu verschaffen. Im Auto ist das Radio hingegen immer noch praktisch, gerade für kürzere Strecken. Außerdem war ich nun selbst auch schon mehrfach auf kostenlosen Musikveranstaltungen meines öffentlich-rechtlichen Lieblingssenders. Und ich kenne Leute, die da auch Arbeit gefunden haben.
Ich könnte mich jetzt darüber aufregen, dass rein rechtlich gesehen meine Gebühr derzeit an den bayerischen Rundfunk weitergeleitet wird (den ich so gar nicht mag), ich aber den Südwestrundfunk höre.

Weiter nutze ich auch die öffentlich-rechtlichen Dienste im Internet sehr ausgiebig: tagesschau.de ist für mich die erste Adresse, wenn ich detaillierter nach Nachrichten suche. Ich finde das dort am Vollständigsten, Zuverlässigsten und Aktuellsten. Ich erinnere mich noch gut, wie ich beim Fukushima-Unglück über den Tag verteilt mehrere Seiten verglichen habe und wie viele Nachrichten anderswo größtenteils Spekulationen waren.
Auch wenn ich die Nachrichtensendungen im Fernsehen vergleiche, dann muss man einfach sagen, dass die öffentlich-rechtlichen da Qualitativ einfach vorne liegen. Anderswo gibt es Star-News und das neue Album des letzten Casting-Stars statt Außenpolitik. Auch bei den politischen Talkrunden (auch wenn ich die nur selten sehe; reden kann man ja eh viel), habe ich den Eindruck, dass da die öffentlich-rechtlichen die Nase vorn haben.

Auch was die Sportberichterstattung angeht, so finde ich die Versuche der Privatsender jeweils etwas erbärmlich (zum Glück haben wir die Sportschau wieder!). Außerdem werden sich auch nur die derzeit beliebten Sportarten unter den Nagel gerissen und sobald man nicht mehr genug Geld damit verdienen kann, wieder abgeschoben (konnte man beim Skispringen gut beobachten).

Zugegeben: Beim Unterhaltungsprogramm bevorzuge ich doch Sachen, die auf Privatsendern laufen. Aber ich gehöre ja auch zu der werberelevanten Zielgruppe, die erreicht werden soll. Meine Mutter, die schon länger nicht mehr als werberelevant gilt, bevorzugt hingegen die öffentlich-rechtlichen: Theatervorstellungen, Mundartbühne, Volksmusik und selbst die deutschen Krimis sagen ihr zu, obwohl sie die amerikanischen gar nicht leiden kann.
Nur hin und wieder schaue ich mir mal gezielt einen Film bei den öffentlich-rechtlichen an (so langsam lerne ich auch das gratis HD zu schätzen), oder einen Konzert-Mitschnitt auf EinsPlus und wie die ganzen kleineren Anhängsel-Sender da noch alle heißen. Da gibts doch immer wieder mal nette Sachen.

Für mich haben die öffentlich-rechtlichen aber ihre Stärke in der Informationsvermittlung. Und ich finde es eben doch wichtig, dass es möglichst unabhängige Berichterstattung gibt und mir nicht der Kauf eines Musikalbums als Top-Schlagzeile serviert wird.

Dabei zahle ich nun auch Sachen, die ich nicht benutze. Soll ich mich darüber nun beschweren? Damit ich nur das zahle, was ich auch haben will? Krankenversicherung zahle ich nun auch, obwohl ich in den letzten Jahren kaum einen Arzt gebraucht habe. Regt sich da nun jemand auf? Nein, denn irgendwann könnte sich das ja ändern. Und genauso wie meine Mutter jetzt häufiger zum Arzt muss, nutzt sie mittlerweile fast ausschließlich öffentlich-rechtlich. Aber wenn sie die Wahl hätte, extra zahlen zu müssen, würde sie sicherlich sparen wollen.
Überraschenderweise überschneidet sich die Menge der Leute, die vor ein paar Jahren noch "Bildung für alle" gefordert haben, jetzt aber vorschlagen, die Nachrichten für  diejenigen, die nicht zahlen wollen, zu verschlüsseln.
Ob man die Gebühren eventuell senken sollte... möglicherweise. Darüber könnte man doch mal nachdenken. Und da könnte man auch sicherlich Argumente aufbringen und mehr Leute für eine Aktion gewinnen. Aber die Gebühr ganz abschaffen? Nein, bitte nicht.

Ob es tatsächlich noch ein paar Leute in Deutschland gibt, die mit den öffentlich-rechtlichen Medien gar nicht in Berührung kommen? Aber vielleicht könnten die die Gebühr auch zum Anlass nehmen, einfach ein paar Serviceleistungen zu nutzen?