Dienstag, 20. September 2011

Menschen im Bus



Dieser Bus fährt jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr

Seit ich kein Semesterticket mehr habe, fahr ich ja kaum noch Bus. Vielleicht noch 3 oder 4 Mal im Monat. Im Sommer in Tübingen kein Thema: Wenn man sich problemlos mal 30-40 Minuten mehr Zeit nehmen kann, kommt man schon auch überall hin.
Allerdings trifft man dann die anderen Busfahrer-Nachbarn auch kaum noch.

Du sitzt wie jeden Tag im Bus der Linie 3
und alle Leute tun hier so, als wären sie allein


Und da war ja dann noch der Vorsatz: Sprich mit den Nachbarn! Also mehr als nur *lächeln* und "Hallo!" Etwas Smalltalk mit denen, die sich drauf einlassen - warum denn nicht?
Aber: Das lohnt sich doch gar nicht. Vielleicht / Hoffentlich wohn ich ja bald schon gar nicht mehr hier. Was soll ich da denn jetzt noch neue Leute kennen lernen. ... ... ...

Es regnet immer da wo es schon nass ist
und es ist überall besser als hier


Und dann gestern im Hallenbad in einem ganz anderen Stadtteil: Ein Nachbar, der mir einst auch schon mal die Bustür aufgehalten hat, während ich die letzten Meter zur Haltestelle gerannt bin. Man sieht sich von Weitem: *lächeln* "Hallo!"
Ich schwimme meine Bahnen und denke: Ohje. Und dann denke ich nur noch an die nächsten Atemzüge, den Kopf schön unter Wasser. Und was machen eigentlich diese Fußspuren in 3 Metern Tiefe auf dem Beckenboden? Wasser in der Nase, im Ohr, Husten, Schwimmen, Kraulen Brust, Pause in 4 Bahnen und dann nochmal 20.

Doch wir werden immer Bus fahren, das weißt du, das wissen wir

Und irgendwann bin ich fertig und unter der Dusche und in der Umkleide und auf dem Weg zum Ausgang. Gleichzeitig an der Glastür dann wieder der busfahrende Nachbar.
Diesmal aber: *lächeln* "Wir sind schon lang nicht mehr im gleichen Bus gesessen!"
Und plötzlich redet man. Auf dem Weg zur Haltestelle, in Bus und dann auf der Straße auch eben mal noch ne 1/2 Stunde. Über abgeschlossene und abgebrochene Studiengänge, über Arbeitslosigkeit, über den Wahnsinn der Moderne, über Kafka, Uwe Johnson und David Foster Wallace, über gescheiterte Existenzen die in den Unibibliotheken abhängen, über schwerhörige Nachbarn und ihre Fernsehgewohnheiten, über leerstehende Gebäude in der Nachbarschaft und über Smartphones. Und man verabschiedet sich, tauscht Email-Adressen und will sich eventuell auch mal zum Essen treffen.
Und es hat sich gelohnt.

Und da sogar Thees Uhlmann über eine ähnliche Situation singt, muss es doch noch mehr Leute geben, die einfach mal miteinander quatschen sollten.

Und müde siehst du aus, draußen zieht die Stadt vorbei
Jetzt weiß ich wer du bist, das Mädchen von Kasse 2