Freitag, 23. Mai 2014

Meine erste Steuererklärung

Vor einem Monat hatte ich mich aufgemacht, mir das zurück zu holen, was mir rechtmäßig zustand! Den Klauen des Staates das wieder zu entreißen, was er mir über Monate hin genommen um sich selbst zu bereichern. Ich hatte nichts zu verlieren und war zu allem entschlossen! 
Aber erstmal bin ich dann doch lieber im Wohnzimmersessel sitzen geblieben. Denn nach kurzer Recherche hatte ich im Internet ELSTER entdeckt, ein Programm mit dem man seine Steuerklärung am Rechner machen kann. Während man das runterlädt und installiert kann man sich auch gut mit heißen (oder kalten) Getränken und Snacks versorgen. Wie praktisch!

Nach einem solch fulminanten Start wurde es dann aber schon etwas komplizierter: Ich musste anfangen mit dem Ausfüllen des Formulars. Soweit, so kompliziert. Nach 4 Seiten war ich auch schon wieder am Ende... und war verwirrt. Denn bisher wurde ich noch nirgendwo nach Gehalt oder sonstwas gefragt.
Endlich zeigte sich also die ganze Tücke des Untieres Staat, das seine Schätze wohl zu hüten weiß. Unzählige Möglichkeiten, unzählige Klicks die einen in die Irre führen wollen, während nur ein Fenster weiter mein unkomplizierter Webbrowser mit viel spannenderen Angeboten lockte.

Ich musste mich also für einen taktischen Rückzug entscheiden, und in einem geschützten Quartier Nachtlager aufschlagen.
Am nächsten Morgen wagte ich dann mit Kaffee und Brötchen bewaffnet den nächsten Vorstoß. Und tatsächlich entdeckte sich mir verborgen am linken Rand, mit der Hand ein Stück herunter gescrollt, eine lange Liste an möglichen Zusatzformularen! Schlimmer als die Sphinx bombardierte mich das Programm mit Fragen, welcher Art mein Einkommen denn sei. Vehement musste ich abstreiten, Wald oder Acker bessenen und bewirtschaftet zu haben. Und beinahe wäre ich an einem Formular vorbeigezogen, dass sich besonders unauffällig zwischen allen anderen verstecken wollte. Doch beim zweiten hinsehen erkannte ich es und fügte es gnadenlos meinem Antrag hinzu. Dort hing es dann und harrte seiner Ausfüllung.

Dafür musste ich nun erstmals auch meinen Sessel verlassen und in meinen Unterlagen die Jahresabrechnung von meinem Arbeitgeber suchen, um die Zahlen treulich vom Papier ins Formular übertragen zu können.
Diese Daten waren den Finanzamt zwar bereits bekannt, da sie sie schon von meinem Arbeitgeber zugeschickt bekommen hatten. Aber von mir wollten sie es nochmal bestätigt bekommen, diese Schlingel!
Ehrgeizig trieb ich mich weiter voran, doch umso mehr Zahlen ich eintippte, umso länger wurde mein Antrag! Plötzlich fügten sich von alleine weitere Anhänge hinzu und immer mehr Dinge wollte sie von mir wissen! Wie viele Kilometer ich zur Arbeit brauche. Und an wie vielen Tagen ich diese Strecke denn nun tatsächlich zurückgelegt hatte. Ich musste meinen Taschenrechner zücken und subtrahierte Urlaubstage und Feiertage, bevor ich dann wieder Arbeitstage addierte und zu einem Ergebnis kam, das mir erstaunlich gering vorkam. Also zählte ich manuell nochmal am Kalender nach und musste einsehen, dass diese Ewigkeit bei der Arbeit  letztes Jahr doch nicht mal 150 Tage waren.

Endlich war ich am Ende, doch das Programm war nicht zufrieden mit mir: Ich hatte die Kirchensteuer vergessen! Wir konnte ich nur. Also, dann müssen da also so und so viele Euro und so und so viele Cent drin stehen... Das Biest holte zu einem letzten großen Schlag aus und statt 52,60 Euro stand da auf einmal 5260 Euro. Ich versuche es erneut... und wieder soll ich der Kirche tausende von Euro überwiesen haben. Das gibts doch nicht... Das Biest, eigentlich schon gefangen und niedergebunden wehrte sich mit aller Kraft gegen den Todesstoß, in dem es mir Fehlermeldungen um die Ohren schlug. Doch eiskalt beende ich diesen Todeskampf mit einem Stich direkt ins Herz: Kirchensteuer - 53 Euro.

Fertig! Antrag online ans Finanzamt übermitteln. Olé-olé! Doch noch ein letztes Mal zuckte das Vieh: Das Dokument sollte eine digitale Signatur bekommen, damit es ohne Unterschrift gültig sei. Aber das gab wieder nur Fehlermeldungen. Pff... dann schick ich das halt ohne Digi-Dings ab und schau was passiert: Es passierte ein weiteres Dokument, das ich nun ausdrucken, unterschreiben und zum Finanzamt schicken musste, damit sie meinen Online-Antrag bearbeiten können. Pff... wenns weiter nichts ist. Dafür geb ich ja noch nicht mal ne Briefmarke aus, sondern werf denen das persönlich ein, auf dem Weg ins Schwimmbad.

Und nun, rund einen Monat später konnte ich die Früchte meiner Arbeit ernten! Es hatte sich gelohnt!
Warum auf dem Brief nun allerdings "Herrn Magister Christian" stand... vielleicht ein posthumer Gruß des besiegten Untieres, damit der Briefträger auch mal was zu lachen hat?